======Weiden (Salix L.)====== Die Weiden aus der Familie der Weidengewächse umfassen insgesamt 450 bekannte Arten. Berühmt wurde die [[:pflanzendrogen und extrakte|Pflanzendroge]] Weidenrinde (Salix cortex) als Heilmittel. Neben der Nutzung für Weidenkörbe und als Holzrohstoff, kann der Teeaufguß der Weidenrinde als fiebersenkendes und schmerzlinderndes Medikament eingesetzt werden. Jedoch sind dafür nur wenige Weidenarten geeignet, die einen hohen Anteil an [[:glycoside:Salicin]] und dessen Derivate enthält (1.5% – 11%). Der Inhaltsstoff Salicin ist dabei Vorbild geworden, für die Erforschung von Naturstoffen, ihre Isolierung und weitere Derivatisierung zu einem Medikament. Das [[:grundgeruest]] des Salicinaglycons wurde weiter derivatisiert und wird heute unter dem Namen ASS (Acetylsalicylsäure) in Kopfschmerzpräperaten wie Aspirin verkauft. =====Eigenschaften===== {{wiki:salixcaprea.jpg}}//Salix caprea L. (aus [[base:impressum#Bilder ur Nordens Flora]])// {{wiki:phenolglycoside.png}}//Phenolglycoside der Weiden// Die Weiden erstrecken sich über weite Bereiche der nördlichen Erde, sind aber auch in gemäßigten Zonen des Südens beheimatet. Innerhalb der Gattung gibt es große Unterschiede in ihrer Größe (3cm bis 30m), in ihrem Wachstumsverhalten und ihrer Blattform. =====Inhaltsstoffe===== Aufgrund der Vielzahl der Salix Arten, kann kein einheitliches Inhaltsstoffprofil angegeben werden. Charakteristisch für viele Salix Arten sind die Salicine, welche jedoch in ihrer Konzentration stark varrieren. Daneben finden sich [[:Flavonoide]] und weitere sekundäre Naturstoffe. ====Phenolglycoside==== //Zum Hauptartikel: [[:glycoside:Salicin|Salicin]]// Zu den Phenolglycosiden zählen die glycosidierten Derivate des Salicins. Diese gelten als Hauptwirkstoff der [[:pflanzendrogen und extrakte|Pflanzendroge]] und müssen daher laut Europäischen Arzneibuch auch mit über 1.5 % im Extrakt vertreten sein.((R. Hänsel; O. Sticher; Pharmakognosie- Phytopharmazie; Springer-Lehrbuch. Springer, **2009**.)) Die Salicine sind charakterisiert durch ein gemeinsames Salicylalkoholgerüst, welches sowohl glycosidiert ist, als auch durch Veresterungen weiter derivatisiert sein kann. Daneben finden sich noch weitere Phenolglycoside wie zum Beispiel Syringin. ====Flavonoide==== In einer Studie von Nahrstedt et al. wurde nach einer alkoholischen Extraktion von //Salix purpurea// L. diverse [[:Flavonoide]] charakerisiert. Die Arbeitsgruppe isolierte Catechine, die untereinander Querverknüpfungen zeigen. Diese heißen Procyanidine und sind Dimere und Trimere von Catechin und Epicatechin. So wurde zum Beispiel Epicatechin-(4β->8)-Epicatechin-(4β->8)-Catechin isoliert und identifiziert.((Jürgenliemk, Guido; Petereit, Frank; Nahrstedt, A. Flavan-3-ols and procyanidins from the bark of Salix purpurea L. //Die Pharmazie-An International Journal of Pharmaceutical Sciences//, **2007**, 62, 3, 231-234. http://www.ingentaconnect.com/content/govi/pharmaz/2007/00000062/00000003/art00013)) Neben den Catechinen finden sich weitere Flavonoide wie zum Beispiel [[:flavonoide:Naringenin]]glycoside. =====Salix Cortex===== Die Weidenrinde ist die [[:pflanzendrogen und extrakte|Pflanzendroge]] der Weide. Dabei können vorallem Weiden der Art //Salix purpurea// L., //daphnoides// Villars, //fragilis// L. und //pentadra// L. als Ausgangsmaterial verwendet werden.((Theo Dingermann, Karl Hiller, Georg Schneider, Ilse Zündorf; Arzneidrogen; Spektrum Akademischer Verlag, 5. Auflage; **2004**.)) {{wiki:catechin.png}}//(+)-Catechin// Schon im antiken Griechenland wurde die Weidenrinde als Schmerzmittel und gegen Fieber eingesetzt. Ende des 19ten Jahrunderts erkannte man die Wirkung der Salicylsäure, des Hauptmetaboliten des Salicins im Körper, und synthetisierte diesen im Großmaßstab. Doch erst die Variierung der Leitstruktur brachte den Durchbruch auf dem Arzneimittelmarkt. Durch die Acetylierung der Salicylsäure konnte Anfang des 20ten Jahrhunderts die Wirkung verbessert und die Nebenwirkungen vermindert werden. Das Medikament kam als Aspirin auf den Markt und ist heute – trotz der bekannten Nebenwirkungen – beliebtes Schmerzmittel. ====Anwendung==== In der traditionellen Phytotherapie wird das Wasser der abgekochten Weidenrinde verwendet. Dazu wird 10 - 20 g der Weide in einem halben Liter Wasser gekocht.((August Paul Dinand; Handbuch der Heilpflanzenkunde; I.F. Schreiber, **1921**.)) Heute sind im Handel Weidenrindentabletten, Teemischungen und Cremes mit Weidenrinde erhältlich. ====Wirkung==== {{wiki:salicinmet.png}}//Metabolismus der Salicinderivate zu Salicylsäure im menschlichen Körper// Das selbst unwirksame Salicin und seine Derivate metabolisiert im Körper über das Aglycon Salicylalkohol zur Salicylsäure. Salicylsäure wirkt im Menschen fiebersenkend, schmerzlindernd und antirheumatisch. Jedoch ist es fraglich, ob die Konzentration der Salicinderivate ausreicht, um eine Wirkung zu erzielen, da Salicylsäure keine therapeutisch ausreichende Blutspiegelkonzentration erreicht.((Jürgenliemk, Guido; Petereit, Frank; Nahrstedt, A. Flavan-3-ols and procyanidins from the bark of Salix purpurea L. //Die Pharmazie-An International Journal of Pharmaceutical Sciences//, **2007**, 62, 3, 231-234. http://www.ingentaconnect.com/content/govi/pharmaz/2007/00000062/00000003/art00013)) Die Arbeitsgruppe um Schmid et al. untersuchte die Aufnahme und den Metabolismus des Salicins der Weidenrinde. Dazu wurden Patient*innen ein Extrakt von //Salix purpurea x daphnoides// mit insgesamt 240 mg Salicin verabreicht. Die Blutproben zeigten, dass Salicylsäure neben Genistinsäure tatsächlich der Hauptmetabolit der Salicine ist. Salicin selbst ist im Blut nicht zu finden, wird jedoch zum Teil über den Urin ausgeschieden. In der Studie wird von einer Bioverfügbarkeit von 16 - 43 % ausgegangen. Das bedeutet, dass lediglich 16 - 43 % des eingesetzten Salicins vom Körper metabolisiert und genutzt wird. Vergleicht man die Wirkung von Weidenrindeextrakt mit der von Acetylsalicylsäure, entspricht die Einnahme von 240 mg Salicin innerhalb eines Extraktes 87 mg Acetylsalicylsäure.((Schmid, B.; Kötter, I.; Heide, L. Pharmacokinetics of salicin after oral administration of a standardised willow bark extract. //European journal of clinical pharmacology//, **2001**, 57, 5, 387-391. http://link.springer.com/article/10.1007/s002280100325)) Tabletten mit Acetylsalicylsäure enthalten jedoch meist ca 500 mg der Substanz. Die Wirkung der Droge kann man daher nicht nur auf ihren Salicingehalt zurückführen. Neben den Salicinderivaten spielen die in der Weidenrinde enthaltenen Flavonoide eine unterstützende Wirkung. Die Arbeitsgruppe um Chrubasik et al. verglich die Wirkung der Weidenrinde mit der von Aspirin. Sie zeigen auf, dass viele Wirkungen zwar ähnlich bzw. gleich sind, es aber dennoch Unterschiede gibt. Es bleibt bis heute eine offene Frage wie die genaue Wirkung der Weidenrinde ist, die nicht alleine auf das Salicin und seine Derivate zurückzuführen ist.((Vlachojannis, J.; Magora, F.; Chrubasik, S. Willow species and aspirin: different mechanism of actions. //Phytotherapy Research//, **2011**, 25, 7, 1102-1104. http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ptr.3386/full)) {{tag>Pflanzendroge}}